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Mensch zähmt Macht des Wassers

Etwa 200 Jahre alte Ibersheimer Deichschleuse ist heute ein wassertechnisches Kleindenkmal

 
       

Die Serie "Das vergessene Denkmal" schaut in die Stadtteile und dort auf die Denkmäler, die oft erst auf den zweiten Blick auffallen. Diesmal stellen wir ein altes wassertechnisches Kleindenkmal vor, das am Platz vor dem "Ammenheisje" zur Erinnerung aufgestellt wurde. 

Frei nach Schiller heißt ein alter Spruch der Wasserbauingenieure: "Wohltätig ist nicht nur des Feuers, sondern auch des Wassers Macht, wenn es der Mensch bezähmt be-wacht!" Hiernach handelte auch der legendäre "Rheinbauinspektor und Regierungs-kommissar" Claus Kroencke, der 1796 zur damaligen "Rheinbauinspektion" des Großherzogtums Hessen-Darmstadt kam und der ab 1816 nach dem Wiener Kongress die Leitung des Rheinbaues zwischen Worms und Oppenheim innehatte. Unter ihm kam es nicht zuletzt zum historischen Rheindurchstich bei Gimbsheim.

Denk-Mal

Claus Kroencke hatte schon früh die Idee, die Anwohner des Rheins durch Damm- beziehungsweise Deichbauten vor Hochwasser zu schützen. Dabei wurde zwischen Hauptdämmen (auch "Winterdämme" genannt) und "Sommerdämmen" unterschieden. Erstere haben als Rheinhauptdeiche primär das Winterhochwasser abzuhalten. Diesen sind die "Sommerdämme" vorgelagert, die vor allem die landwirtschaftlichen Flächen gegen kleinere / mittlere Hochwässer schützen sollen.

Diese wasserwirtschaftlichen Prinzipien haben auch für Ibersheim mit seinen land-wirtschaftlichen Flächen nahe beim Rhein seit Jahrhunderten Gültigkeit. Dort gibt es im Verlauf des "Scheideweges" zwischen der Insellage "Ibersheimer Wörth" und dem "Neuen Loch", das im 19. Jahrhundert bei einem Dammbruch entstand, bis heute noch drei voll funktionierende Deichschleusen innerhalb des Dammsystems. Diese wurden früher von Landwirten und heute von der Freiwilligen Feuerwehr im Hochwasserfall bedient. Die Unterhaltung und Wartung der Schleusen obliegt seit der Eingemeindung der Stadt Worms.

Bei der vom Kulturamt Worms in den Jahren 1970 / 72 durchgeführten Flurbereinigung wurde die Neueinteilung der landwirtschaftlichen Nutzflächen dem Dammbausystem angepasst, wobei darauf zu achten war, dass hochwassergefährdete und nicht gefährdete Grundstücke entsprechend dem Altzustand wertgleich zugeteilt wurden. Es durften also keine Benachteiligungen einerseits oder Bevorzugungen andererseits vorkommen. Dies wurde umso deutlicher, als ausgerechnet kurz vor der Zuteilung der neuen Grundstücke nach fast 20-jähriger Pause ein starkes Hochwasser eintrat.

Im Zuge dieser Bodenneuordnung wurde durch Auflösung eines Grabenverlaufs eine alte Deichschleuse innerhalb des Sommerdammes entbehrlich, die bereits vorher ihre ursprüngliche Funktion des Wasserausgleichs durch Öffnung oder Schließung bei Hochwasser weitgehend verloren hatte. Diese altehrwürdige Schleuse, die über eine sehr lange Zeit gute Dienste geleistet hatte, sollte jedoch nicht einfach entsorgt werden, sondern bei den Ortsbewohnern in Erinnerung bleiben. Dafür sorgte in den 1970er Jahren die örtliche Feuerwehr, die die Wasserschleuse sicherstellte, restaurierte und am Platz vor dem Ibersheimer Wahrzeichen, dem "Ammenheisje" (wir berichteten), aufstellte. Hier kann sie als wassertechnisches Denkmal betrachtet werden, das vor etwa 200 Jahren von den damaligen Wasserbauern beim Dammbau getreu des eingangs zitierten Spruchs installiert worden war.

 

 

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